Finger weg vom DeLorean!

Ein Wochenende, zwei Tage: Warum Eltern zwangsläufig zum Rudelverhalten neigen.

Hund, Wasser, DeLorean: 3 Objekte der kindlichen Begierde, die Kid A verwehrt bleiben sollten
Hund, Wasser, DeLorean: 3 Objekte der kindlichen Begierde, die Kid A verwehrt bleiben sollten (Foto: Malcolm Bunge)

Es gibt unter sogenannten Elternbloggern eine fragwürdige Tradition: Unter dem Namen „Wochenende in Bildern“ posten sie regelmäßig Fotos, auf denen Schnappschüsse vom Frühstückstisch, dem Spielplatzbesuch, dem Waldspaziergang oder dem Backversuch zu sehen sind. Diese Momentaufnahmen sollen der jeweiligen Peer Group zeigen, wie kreativ und unternehmungslustig man wieder war – und sich selbst vorgaukeln, das Leben als Eltern wäre gar nicht so langweilig und trostlos abwechslungsarm, wie es ist. Leute, dafür wurde doch Instagram erfunden!

Damit aber keiner sagen kann, ich würde das Spiel nicht mitspielen oder mich für was Besseres halten, mache ich an dieser Stelle die zweite Ausnahme und schildere im Folgenden zwei Tage von einem unserer letzten Wochenenden:

Samstag

Kindergeburtstag am Nachmittag. Große Wohnung, 1. Stock, Gräfekiez. Zehn Minuten Fußweg von zuhause. Küche, Dielen, Bad – alles kindersicher. Kid A weiß das offenbar ebenso zu schätzen wie seine Eltern und spielt mit Autos, Bauklötzen, Kinderwagen, einem Indianerzelt, den anderen Kleinkindern, nascht sogar Kuchen*. Keine Anzeichen von Stress oder Unausgeglichenheit – weder beim Kind noch bei den Erwachsenen. Wir trinken Kaffee und reden über Hebammen, Elterncafés, Kindergärten – worüber man als Eltern mit anderen Eltern ebenso redet und sich längst an diese Sippenhaft gewöhnt hat. Keine Kinderlosen anwesend (außer den Kindern). Hin und wieder ein pflichtschuldiger Blick zum Sohn und das Darreichen von Wasser und Saft. Im Grunde: ein Traum von einem Kurzausflug aus den eigenen vier Wänden. Wir kommen gerne jederzeit wieder!

*Gut, darum werden uns ein paar Eltern beneiden: Macht er sonst nie. Verfährt bei anderem Essen aber leider genauso.

Sonntag

Einladung zu Kaffee und Kuchen: Geburtstag einer Freundin. Okaygroße Wohnung, 4. Stock, Prenzlauer Berg an der Grenze zu Weißensee. 25 Minuten Autofahrt. Bis wir nach Kid As Mittagsschlaf endlich dort eintrudeln, ist es längst wieder dunkel draußen. Die Gastgeberin und ihr Ehemann – nennen wir ihn Malcolm – haben keine Kinder, dafür einen Hund, etliches „Star Wars“-Sammelsurium und anderes seltenes Popkultur-Spielzeug für Erwachsene. Alle weiteren Gäste: kinderlos oder ohne Kinder da. Sohn ist nach dem Vierbeiner das zweitkleinste Lebewesen vor Ort und weiß das offenbar ebenso zu geringschätzen wie seine Eltern.

Spielen mit dem DeLorean, der da oben auf dem Regal steht? „Auf keinen Fall!“ Das Lichtschwert? Eher gruselig. Der Transformer? „Kriegt Ihr in Stunden nicht umgebaut!“ Die Computertastatur: Finger weg, wie zuhause! Eigentlich kein Wunder, dass Kid A nach diversen Heulattacken ob des DeLoreans andere Beschäftigungsfelder sucht.

Die Wasserschalen vom Hund in Wohnzimmer und Küche: einmal umgeworfen, zweimal angeschleckt, einmal reingesetzt, als ob es ein Klo und er windelfrei wäre. Für einen fünfminütigen Smalltalk, einen Kaffee und ein Stück vegane Schokotorte hat es gereicht. Das elterliche Programm dazwischen: auf den DeLorean aufpassen, dem Kind auf Schritt und Tritt folgen und bespaßen, 15 Minuten dessen Kleidung föhnen. Als wir nach zwei Stunden endlich gehen, verabschiede ich mich mit bei den Gästen mit den hämischen Worten: „Schön, mit allen von Euch wieder mal so ausgiebig gesprochen zu haben!“ Im Ernst: Sie mögen es uns bitte nicht übel nehmen. In vielleicht zwölf Jahren kommen wir bestimmt auch mal alleine rum.

***

Und da fragt sich noch wer, warum viele Eltern früher oder später zu Soziopathen werden? Von unserem Versuchs eines Weihnachtsmarktbesuchs fange ich hier lieber gar nicht erst an.

2 Gedanken zu „Finger weg vom DeLorean!

  1. Also bei uns darf man mit dem Delorean spielen! ;o)
    Entweder bei einer Ausfahrt oder sich für eine Feier oder Hochzeit einen Delorean mieten.
    Beste Grüße aus Dresden

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